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wiki:landraete_amt_herzebrock

Amt Herzebrock

1807 bis 1850

Mit dem Ende des Ancien Régime in Westfalen und der Mediatisierung der Herrschaft Rheda wurden Herzebrock, Clarholz und Lette in das Großherzogtum Berg eingegliedert, einer napoleonischen Staatsgründung. Herzebrock und Clarholz, welches auch Lette einschloss, bildeten eigenständige Mairien. Die beiden Mairien gehörten zum Kanton Rheda im Arrondissement Hamm, das im Ruhr-Departement mit Sitz in Dortmund lag. An der Spitze der beiden Mairien stand ein Maire, der von Adjointen und Munizipalräten unterstützt wurde.

Mit der territoriale Neuordnung durch den Wiener Kongress wurden aus den beiden Mairien preußische Bürgermeistereien im Kreis Wiedenbrück, welches zum Regierungsbezirk Minden gehörte. An den Grundzügen der Verwaltungsstruktur änderte sich zunächst wenig. Die beiden Mairen erhielten den Titel Bürgermeister, der Adjoint den Titel Beigeordneter. Sie wurden ebenso wie die Gemeinderäte nicht gewählt sondern ernannt.

Offenbar war der Umfang der Aufgaben überschaubar und das Einkommen niedrig. Ab 1817 teilten sich die beiden Bürgermeistereien daher zunächst einen Bürgermeister. Die Personalunion erstreckte sich zudem auch auf die Bürgermeisterei Rheda.

Erst mit der Westfälischen Landgemeindeordnung von 1841 wurde die Kommunalverfassung, fast 30 Jahre nach der preußischen Besitzergreifung, auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Erstmals wurde die Wahl von Gemeindeverordneten vorgesehen. Wählen durfte eine kleine Schicht wohlhabender Hausbesitzer, da das Wahlrecht noch von ständischen Vorstellungen geprägt war. Darüber hinaus sah die Gemeindeordnung die Bildung von Ämtern vor, die sich zu einem Gemeindeverband zusammenschlossen, deren Verwaltung ein Amtmann leitete. Dieser wurde nicht gewählt sondern von der Bezirksregierung auf Vorschlag des Landrates ernannt. Im Regelfall waren die Positionen mit einem Beamten hauptamtlich besetzt. Ferner standen an der Spitze der Gemeinde ehrenamtliche Gemeindevorsteher, die ebenfalls vom Landrat ernannt wurden.

Aus Herzebrock und Clarholz-Lette wurden eigenständige Ämter, die weiterhin in Personalunion mit der Stadt Rheda verwaltet wurden. In Herzebrock war der Amtmann zugleich auch der Gemeindevorsteher, während für Clarholz und Lette eigene Vorsteher ernannt wurden. Für alle drei Gemeinden wurde ein Gemeinderat gewählt.

1850 bis 1945

Mit der Einführung der Landgemeindeordnung von 1850 wurden die beiden Ämter Herzebrock und Clarholz-Lette zu einem Amt zusammengefasst. Dieses führte zunächst die Bezeichnung Herzebrock-Clarholz, etwa in den 1920er-Jahren bürgerte sich jedoch die kürzere Bezeichnung Amt Herzebrock ein. 1851 wurde die Personalunion mit Rheda aufgelöst: Hatte der Amtmann zuvor seinen Wohnsitz in Rheda gehabt, wählte dieser nun seinen Sitz in Herzebrock, der größten Gemeinde des Amtsbezirks.

Es galt nun das in der Preußischen Verfassungsurkunde von 1850 angewandte Dreiklassenwahlrecht: Dieses orientierte sich nicht mehr am Grundbesitz, sondern teilte die Wähler entsprechend ihres Steueraufkommens in drei Klassen ein, die jeweils die gleiche Anzahl von Gemeindevertretern wählten. Der für das Wahlrecht erforderliche steuerliche Mindestbetrag wurde 1893 aufgehoben. Der Amtmann wurde 1852 zunächst durch die Amtsvertretung und die Gemeindevorsteher durch die Gemeindevertretung gewählt. Bereits 1956 wurden wesentliche Neuerungen der Gemeindeordnung von 1850 jedoch wieder aufgehoben: Der Amtmann wurde nun erneut auf Vorschlag von Landrat und Bezirksregierung ernannt. Ab 1886 erfolgte dies auf Vorschlag des Kreisausschusses durch den Oberpräsidenten. Die Gemeindevorsteher wurden zwar noch von der Gemeindevertretung gewählt, musste jedoch durch den Landrat bestätigt werden. Die Gemeinden des Amtes besassen keine eigene Verwaltung: Stattdessen konnten die Gemeindevorsteher als Ehrenbeamte durch den Amtmann mit Aufgaben betraut werden.

Die Demokratisierung der deutschen Gesellschaft führte ab 1918 zur Einführung eines allgemeinen und gleichen Wahlrechtes. Die Struktur der kommunalen Gliederung blieb weitestgehend unverändert. Der Amtmann war nicht mehr zugleich als Gemeindevorsteher für Herzebrock tätig. Durch die Angleichung der Bezeichnungen für Funktionsträger in den Provinzen Westfalen und Rheinland führte der Amtmann ab 1927 den Titel Amtsbürgermeister. Gleichzeitig wurde die Wählbarkeit des Amtmannes durch die Amtsversammlung eingeführt.

Während der nationalsozialistischen Dikatur blieb die kommunale Gliederung unverändert, allerdings wurde die Verwaltung durch die Preußische Gemeindeordnung von 1933 und die Deutsche Gemeindeordnung von 1935 der Kontrolle der NSDAP unterstellt. Auch wurden Amtmann, Gemeindevorsteher, sowie Amts- und Gemeindevertretungen nicht mehr gewählt sondern auf Vorschlag eines Beauftragten der NSDAP ernannt. Die 1841 begonnene Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung, die langsam ausgeweitet und um demokratische Rechte ergänzt worden war, brach mit der nationalsozialistischen Diktatur für zwölf Jahre ab.

1946 bis 1969

Nach dem Ende des nationalsozialistischen Diktatur ernannte zunächst die amerikanische, später die britische Besatzungsmacht, neue Amts- und Gemeindebürgermeister, die nicht im Verdacht standen, aktive Anhänger des Nationalsozialismus gewesen zu sein. Die alte kommunale Gliederung des Amtes blieb zunächst unverändert. Ab dem 01. Januar 1946 verfügte die britische Besatzungsmacht jedoch eine wesentliche Änderung: Die Leitung der Verwaltung wurde von der des politischen Repräsentanten getrennt. In der Folge stand an der Spitze der Amtsverwaltung der von der Amtsvertretung gewählte hauptamtliche Amtsdirektor. Dieser war zugleich Gemeindedirektor der drei amtsangehörigen Gemeinden, deren Angelegenheiten von der Amtsverwaltung wahrgenonnen wurden. Die Repräsentation des Amtes und der Gemeinden oblag den ehrenamtlichen Bürgermeistern, die zugleich Vorsitzende des Amts- bzw. der Gemeinderäte waren und deren Sitzungen leiteten. Hiermit orientierte sich die Verwaltungsstruktur am britischen System. Ferner bezweckte die britische Besatzungsmacht im Zuge der Entnazifizierung der Verwaltung hierdurch eine Entpolitisierung des kommunalen Verwaltungshandelns. Rechtlich verankert wurde diese Regelung in der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen von 1952.

1970 bis 1999

Ende der 1960er-Jahre wurde in Nordrhein-Westfalen eine grundlegende Gebietsreform durchgeführt, in deren Rahmen die Zahl der selbstständigen Gemeinden erheblich verringert und die Ämter als Verwaltungseinheiten aufgehoben wurden. Das Amt Herzebrock wurde zum 31. Dezember 1969 aufgelöst. Die beiden Gemeinden Herzebrock und Clarholz bildeten die neue Gemeinde Herzebrock. Die Gemeinde Lette wurde aus dem einstigen Dreierbund herausgelöst und als Ortsteil in die Stadt Oelde eingegliedert, welche zunächst dem Kreis Beckum angehörte und ab 1985 dem Kreis Warendorf. Zum 01. Januar 1973 wurden in einem zweiten Schritt der Kreis Gütersloh aus den Altreisen Wiedenbrück und Halle (Westf.) gebildet, welchem die Gemeinde seither angehört. Im Mai 1985 tragen die Bemühungen von Clarholzer Bürgerinnen und Bürgern zum Erfolg: Um drei Zweipoligkeit der Gemeinde Rechnung zu tragen, erfolgt die Umbenennung in Herzebrock-Clarholz.

Eine Änderung in der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung beendet zum 30. September 1999 endgültig die von den Briten eingeführte Trennung der Verwaltungsspitze und der Spitze der politischen Repräsentanz. Die Aufgaben des Gemeindedirektors und des Bürgermeisters werden wieder in einer Person vereinigt, dem hauptamtlichen Bürgermeister. Hierdurch soll die Möglichkeit der Bürgerinnen und Bürger gestärkt werden, auf die Kommunalpolitik Einfluß nehmen zu können: Der Bürgermeister wird zeitgleich mit dem Gemeinderat in direkter Wahl gewählt.

wiki/landraete_amt_herzebrock.txt · Zuletzt geändert: 2024/03/19 16:03 von nicolek

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